„Auch bei mir passen Name und Einstellung zusammen wie Topf und Deckel“, sagte Frieda Gelassen. „Scheint heute Abend ein Kriterium für die Gäste zu sein, oder?“
Sie sah zum Moderator hinüber, der schmunzelte.
„Nun gut, es geht ums Schenken. Wie stehe ich dazu?“
Sie neigte den Kopf.
„Ich denke, es wird viel zu viel Gewese darum gemacht. Vor allem zu Weihnachten. Warum eigentlich gerade zu Weihnachten? Vielleicht denken wir an die drei Weisen aus dem Morgenland und ihre Gaben Gold, Weihrauch und Myrrhe. Da ging es aber vor allem um die symbolische Bedeutung. Diese Geschenke sollten den Heiland als König ehren.“
Nicola erinnerte sich an ihre Schulzeit und an die große Krippe, die damals im Eingangsbereich der Schule stand. Sie mochte den schwarzen Weisen besonders, konnte sich allerdings nie merken, wie er hieß. Vermutlich könnte Frieda ihr das nachher sagen.
„Viele wissen nicht, dass man sich bis ins 16. Jahrhundert am Nikolaustag gegenseitig beschenkte. Sozusagen als Erinnerung an den Bischof von Myra, der freigebig mit seinem Erbe umging. Erst Martin Luther führte Weihnachten als Tag der Geschenke ein. Keine Ahnung warum. Vermutlich wollte er das Interesse für diesen Tag stärken. Inzwischen ist das Interesse an der wirklichen Bedeutung von Weihnachten ziemlich geschrumpft. Es geht meist nur noch um die Geschenke, und zwar möglichst große und möglichst viele. Da halte ich mich lieber zurück.“
Der Herr neben ihr, Helmut Mut, wartete ab, ob Frieda Gelassen noch etwas sagen wollte, dann machte er mit seiner Stellungnahme weiter.
„Geschenke werden viel zu materialistisch betrachtet. Der Wert eines Geschenks bemisst sich nicht nach der Menge an Geld, die man dafür ausgegeben hat. Ein Brilliantring ist kein besseres Geschenk als ein handgestrickter Pullover, im Gegenteil. Der Pullover hat vermutlich viel mehr Zeit und Mühe gekostet. Die entscheidende Frage für mich ist: Womit kann ich dem anderen etwas Gutes tun? Wie kann ich ihr oder ihm zeigen, dass sie mir wertvoll sind? Und da darf man gerne mutig sein und Ungewohntes schenken. Vor allem auch Zeit und gemeinsame Erlebnisse. Daran mangelt es meiner Meinung nach den Menschen.“
Helmut Mut konnte trotz der Scheinwerfer erkennen, dass viele im Publikum zustimmend nickten.