Gegen das gar nicht so kreative Chaos

Ideen Raum geben – darüber habe ich gestern nachgedacht. Und heute ein Stück weit daran gearbeitet.

Raum geben, Freiräume schaffen – das bedeutet Aufräumen und Sich-Trennen. Von vielem, was sich angesammelt hat. Was ich angesammelt habe.
Wenn ich mich in meinem Arbeitszimmer umschaue, gibt es davon reichlich.

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Der Zauber des Ausmistens

Ich mag unsere Bibliothek, also die in der nächsten Stadt, besuche sie regelmäßig. Mir geht’s meist um Sachbücher. Mich bewegt mal wieder ein Thema und ich möchte dazu etwas lesen. Aber fast immer nehme ich dann noch etwas ganz anderes mit, weil es mich auf meinem Weg durch die Bibliothek angesprungen hat.

Sie machen das geschickt: Gleich hinter dem Eingang lauert ein großes Regal aus roten Quadern, in dem Neuzugänge aufgebaut sind. Und im Lesesaal stehen neben den Regalen Tische mit ausgelegten Büchern zu einzelnen Themen.
Klar, dass mein Blick darüber gleitet. Und klar, dass er hängen bleibt an einem Cover, einem Titel, manchmal nur einem Wort. Ich nehme das Buch in die Hand, lese den Klappentext, blättere – und nehme mit. Und auf diese Weise ist mir letztens auch „Magic Cleaning“ von Marie Kondo in die Finger gefallen.

Irgendwann irgendwo hatte ich diese zwei Worte schon mal gehört: „Magic Cleaning“. Weil ich dabei an Putzen dachte, habe ich keinen weiteren Gedanken daran verschwendet. Was soll an Putzen schon magisch sein. Aber es geht um etwas ganz anderes.
Es geht um ein weiter gefasstes Reinigen, um Ausmisten und Aufräumen – und zwar äußerlich wie innerlich. Wobei das eine sozusagen automatisch aus dem anderen folgt.

Marie Kondo, Japanerin, ist gerade mal knapp über 30, beschäftigt sich mit dem Thema Aufräumen laut eigener Aussage schon seit Kindertagen. Und sie kennt genau das grundlegende Problem:
Aufräumen ist bei den meisten von uns eine Sisyphus-Aufgabe, eine Aufgabe, die nie fertig wird. Kaum scheinen wir Ordnung geschaffen zu haben, bilden sich hinter unserem Rücken schon die nächsten Haufen mit „Zeug“, mit Dingen, die herumliegen, sich stapeln, türmen. Die für Unordnung sorgen, die uns zur Weißglut bringen (es sei denn, wir sind bereits in dem Stadium angelangt, in dem uns alles egal ist). Aufräumen scheint eine endlose Geschichte zu sein.

Woran liegt das? Marie Kondo hat eine einfach Antwort: Wir haben zu viel Zeug!
Wir verstopfen unsere Wohnungen mit zu vielen Dingen, die wir eigentlich nicht brauchen. Wenn wir gründlich ausmisten und danach richtig aufräumen, dann erledigt sich das Problem von selber.
Spontan fällt mir beim Lesen ein Song von Silbermond ein – Leichtes Gepäck – und ich denke, dass Frau Kondo wahrscheinlich recht hat. Aber was ist zu viel? Und wie räume ich richtig auf?

Marie Kondo hat ein paar einfache Grundsätze:
> Zuerst wird entrümpelt, danach aufgeräumt.
> Entrümpeln soll man in einem Rutsch, in kurzer Zeit und perfekt.
> Entrümpelt wird nach Kategorien (Kleidung, Bücher, Papiere, Kleinkram, Erinnerungen), nicht nach Räumen.
> Beim Aufräumen wird für jedes Ding ein fester Platz bestimmt, an den es immer wieder zurück gebracht wird.

Um perfekt entrümpeln zu können, muss man sich vorher überlegen, was man damit erreichen will, wie man leben möchte und warum gerade so. Das motiviert.
Und fürs Wegwerfen gibt es bei ihr nur ein Kriterium:
Ich nehme jedes Ding in die Hand und frage mich: Macht mich dieses Teil glücklich? Wenn ja, dann behalte ich es. Wenn nein, weg damit.
Es spielt keine Rolle, ob ein Ding teuer war oder ein Geschenk oder wann ich es das letzte Mal benutzt habe.
Wichtig ist, die Dinge wirklich Stück für Stück in die Hand zu nehmen, zu fühlen und zu spüren, in sich hinein zu hören. Das Ziel: Mich nur mit Dingen zu umgeben, mit denen ich mich wohlfühle. Das kann ich gut nachempfinden.

Ich kämpfe immer wieder mit der schieren Menge an Dingen, die sich in unserem Haus angesammelt haben. Ich merke tagtäglich, wie viel Zeit und Energie es kostet, diese Dinge in Ordnung zu halten. Und ich bin seit einiger Zeit dabei, hier und da auszumisten. Bisher ohne durchschlagenden Erfolg.
Es gibt Bereiche im Haus, da ist Ordnung kein Problem. Das sind die Bereiche, wo das Zuviel entsorgt wurde, wo die Dinge ihren Platz haben (gutes Beispiel: die Küche). Das spricht für Marie Kondos Prinzip.
Andere Bereiche ziehen Dinge an und damit auch das Durcheinander. Ich verstehe, was sie mit „entrümpeln in einem Rutsch und perfekt“ meint. Wenn ich nicht alles gründlich ausmiste, dann kann sich das Chaos wie aus Keimzellen wieder ausbreiten.
Und ich kann auch gut nachvollziehen, dass es Sinn macht, nach Kategorien auszusortieren. Wenn man z.B. alle Kleidungsstücke aus allen Teilen der Wohnung zusammenholt und auf einen großen Haufen packt, erst dann bekommt man einen Überblick und der Überfluss wird deutlich. Das erleichtert die Trennung.

Es gibt allerdings auch Punkte in Marie Kondos Buch, an denen ich aussteige. Ich glaube z.B. nicht, dass nur 30 bis 50 Bücher genug wären. Ich glaube auch nicht, dass ich alle Bedienungsanleitungen wegwerfen will. Ich denke, manche ihrer Vorstellungen sind ihrer japanischen Herkunft geschuldet, einem Leben, das dem Einzelnen weniger Raum zugesteht, als es bei uns üblich ist.
Aber ihr Grundsatz: Nimm jedes Teil in die Hand und frag dich, ob es dich glücklich macht – der ist eine gute Entscheidungshilfe, um sich von Ballast in der eigenen Umgebung zu befreien.

Und natürlich lässt sich dieser Grundsatz auch auf andere Entscheidungen übertragen.
Ich gehe mit offenen Augen durch mein Leben. Wenn ich spüre, dass da etwas nicht in Ordnung ist – in der übertragenen Bedeutung -, bin ich aufgefordert zu handeln, etwas zu ändern, aufzuräumen.
Und das gilt sowohl für mein Inneres als auch für meine Umgebung.